Stellungnahme der AGK zur Klausurtagung "Energiekonzept Obere Au II" am 24.04.21

Am 24.04.21 fand im DGH eine nichtöffentliche Klausurtagung des Gemeinderats statt. Dabei wurden vom beauftragten Energieberatungsunternehmen verschiedene Themen bzgl. des Energiekonzepts vorgestellt.

Die AGK wurde eingeladen mit maximal 3 Gruppenvertretern teilzunehmen. Dankend haben wir die Einladung angenommen und am besagten Termin unsere Perspektive, die auch explizit abgefragt wurde, eingebracht.

Im Nachgang verfassten wir noch eine Stellungnahme, die wir am 05.05.2021 an die Verwaltung, die Fraktionen und auch die beteiligten Unternehmen gesendet haben:

"Lieber ...,

die Klausur am Samstag, den 24.04.21 war in hohem Maße für uns interessant und hat einen detaillierten guten Überblick in die energietechnischen Fragen für das Neubaugebiet Obere Au II gegeben. So möchten wir zu allererst uns nochmals bei Ihnen allen sehr herzlich bedanken, dass Sie uns die Chance gegeben haben, daran teilzunehmen und auch in der Diskussion uns einzubringen. Das ist nicht selbstverständlich!

 Es waren in der Tat fast fünf Stunden geballte Information. Wir haben für uns als Arbeitsgruppe Klimafreundliches Bempflingen (AGK) die zentralen Punkte und auch die noch offenen Fragen zusammengefasst und möchten dies gerne für die weitere Diskussion und Ihre Arbeit mit Ihnen teilen.

 Die Untersuchung der ... hat deutlich gemacht, dass ein besonders guter Effizienzstandard (EffH 40) für alle Gebäude sich lohnt und zu empfehlen ist. Um es anschaulich zu machen: Der Endenergiebedarf für Heizung und Warmwasser ist dadurch so gering, dass die Einfamilienhäuser (EFH) gerade einmal so viel Energie im Jahr benötigen, wie in 430 Litern Heizöl steckt (basierend auf den Angaben der ...-Präsentation, Seite 13 und 22). Damit können alle EFH laut ...vollständig mit Erneuerbaren Energien versorgt werden, wenn die geeigneten Dachflächen mit Photovoltaik (PV) belegt werden und z.B. über Flächenkollektoren oder Erdkörbe Umweltwärme zum Heizen über Wärmepumpen genutzt werden.

 Vor diesem Hintergrund begrüßen wir es sehr, dass der Gemeinderat sich für eine PV-Vorgabe im Bebauungsplan ausgesprochen hat. Da die Gemeinde bei den EFH selbst keine konkreten Vorgaben für das Energiekonzept machen kann, halten wir es für umso wichtiger, wenn die Gemeinde prüft, wie auf eine alleinige Nutzung von Erneuerbaren Energien hingewirkt werden könnte. Idealerweise bekennt sich Verwaltung und Gemeinderat klar zu dem Ziel Klimaneutralität für das Neubaugebiet. Eine solche Botschaft hätte enorme Signalwirkung und könnte vieles ohne Zwang erreichen.

Eine Energieversorgung allein durch Erneuerbare Energien ist für die AGK von zentraler Bedeutung. Mit Ihrer Entscheidung wird das Energiekonzept für die nächsten 20-30 Jahre festgelegt. Genau für den Zeitraum, wo es uns als Gesellschaft gelingen muss, unsere CO2 Emissionen auf null zu senken und klimaneutral zu werden. Das Neubaugebiet ist für uns beispielgebend, wie Klimaneutralität in Bempflingen funktionieren kann und sollte ideenstiftend für alle anderen Gebäude in Bempflingen sein. Es gibt bereits viele Beispiele in Bempflingen, wo der Energiebedarf vollständig über Erneuerbare Energien gedeckt wird – und dies in Bestandsgebäuden. In der Klausur wurden auch einige genannt. So sollte es für uns keine Frage mehr sein, bei Neubauten komplett auf fossile Energien zu verzichten.

Für die Reihen- und Kettenhäusern hat die ... unseres Wissens nach keine Aussagen getroffen, ob diese allein mit PV-Strom und Umweltwärme (Wärmepumpe) versorgt werden können. Dies ist ggf. nochmals zu klären.

Aus dem Vortrag ist deutlich geworden, dass wir bei den MFH anders als bei den EFH ein Platzproblem haben, um ausreichende Erdumweltwärme über Erdwärmesonden, Erdkollektoren oder Erdkörbe einzusammeln. Hier möchten wir sehr eindringlich Gemeindeverwaltung und Gemeinderat ermutigen, nach innovativen Lösungen zu suchen! Speziell ist zu prüfen, ob bei Ergänzung der Erdwärme (Sonden +Erdkörbe/Grabenkollektoren) mit anderer Umweltwärme (Luft) die MFH nicht evtl. auch schon vollständig darüber  mit ausreichender Heizenergie versorgt werden können. Eine genauere Betrachtung ist hier aus unserer Sicht erforderlich. Die AGK würde es begrüßen bei der Ausschreibung der MFH Bereiche 4.1 und 4.2 potentiellen Investoren mitzuteilen, dass die erreichte Quote an erneuerbarer Energien zur Wärmeversorgung der Gebäude ein wichtiges Kriterium bei der Bewertung des Gesamtkonzeptes ist und 100% anzustreben sind.

Vor dem Hintergrund bereits heute schon gesetzlich festgelegter CO2-Preise sind fossil befeuerte Anlagen (Gas-Brennwert/Gas-BHKW) langfristig wirtschaftlich riskant und klimapolitisch nicht mehr zeitgemäß. Der Einsatz von Biomasse (Holzhackschnitzel/Pellets) sollte aus unserer Sicht nur sehr begrenzt und dann vor allem in Bestandsgebäuden eingesetzt werden, da hier weit weniger leicht als im Neubau vollständig auf Umweltwärme gesetzt werden kann. Daher sind hier dringend noch Möglichkeiten in Betracht zu ziehen, die über klassische Konzepte hinaus gehen. Finden sich Lösungen, die auf einen Spitzenkessel verzichten, hätte das den Charme, dass man ein Befeuerungsverbot im Bebauungsplan festschreiben und so auch bei den Einfamilienhäusern Gas- oder Ölheizungen ausschließen könnte. Statt Gas oder Öl möchten wir lieber auf Innovation setzen. Erste Beispiele hat Herr ...mit Hybridlösungen oder Eisspeichern bereits am Samstag genannt, die keineswegs „exotisch“ sondern Stand der Technik sind.

Die Nutzung von zusätzlichen Flächen, wie Retentionsbecken, Lärmschutzwand oder auch Gebäudefassaden für PV, so wie es in der Klausur schon diskutiert wurde, sehen wir als sehr sinnvoll an (im Hinblick auf das Ziel der Klimaneutralität bis 2050). Zur tatsächlichen Nutzung dieser Zusatzflächen muss sich die Gemeinde ambitionierte Klimaschutzziele mit entsprechender Priorisierung setzen und auch nachhaltig verfolgen. Ohne diese klare, mehrheitlich unterstützte Position der Gemeinde wird es schwierig, grössere Klimaschutzprojekte auf den Weg zu bringen. Gerade im Hinblick auf Lösungen, die auch manchen Hürden ausgesetzt sind. Diese zusätzlichen PV-Anlagen könnten speziell den MFH mit entsprechenden Betreibermodellen zugeordnet werden. Die Mehrfamilienhäuser haben anders als die Einfamilienhäuser je Bewohner nur eine kleine PV-Fläche zur Verfügung. Alternativ könnte man diese Erzeugungsanlagen (wie evtl. auch andere Privatanlagen) auch an einen mit einem Grossspeicher ausgestatteten Arealstromnetz anschliessen. Ein solches Arealnetz ermöglicht eine bessere Flexibilität bzgl. Stromnutzung/-speicherung, reduziert Kosten (EEG Umlage, Netzentgelt) und ermöglicht zudem zukünftige Einschränkungen, die durch die Limitierung des Verteilerstromnetzes bedingt/ bzw. zu erwarten sind, abzuschwächen. Mit einem solchen Netz wäre zudem die Erhöhung des Eigenverbrauchs des regenerativ erzeugten Stroms einfacher möglich  (in Bempflingen wird aktuell ca. 0,7 GWh regenerativ genutzt, jedoch nur ca. 0,1 GWh auch eigengenutzt). Bei aktuellen Privatanlagen mit Stromspeicher wird immernoch Strom ins öffenltiche Netz eingespeist. 

Aus der Mitte des Gemeinderates ist es am Samstag schon betont worden. Wir werden schon in naher Zukunft viele Elektroautos in den Haushalten sehen. Die PV-Flächen des Neubaugebietes müssen deshalb nicht nur den heutigen Haushaltsstrom abdecken sondern auch den Wärmebedarf (zusammen mit Umweltwärme) und den Strom für ein eAuto. Nur wenn wir  in allen drei Bereichen, Haushaltsstrom, Wärme und Mobilität, auf erneuerbare Energien setzen, können wir Klimaneutralität erreichen. Dabei muss für das Neubaugebiet ein Energiebezug von außen nicht per se ausgeschlossen werden. Je höher jedoch durch eigene Erzeugung der Energiebedarf gedeckt werden kann, desto kostengünstiger, krisenfester und ökologischer ist die Versorgung. Auch hier gibt es bereits gute Beispiele in Bempflingen.   

Abschließend möchten wir als AG Klimafreundliches Bempflingen Ihnen anbieten, weiter dieses Vorhaben zu begleiten und für Diskussionen und Austausch zur Verfügung zu stehen. Wenn dies auch in Ihrem Sinne ist und Sie die von uns aufgeführten Aspekte mitgehen können oder aber hierzu noch Fragen haben, freuen wir uns sehr mit Ihnen im Kontakt zu bleiben. 

Mit freundlichen Grüßen 

...

Für die Arbeitsgruppe Klimafreundliches Bempflingen"

Links:

Fragebogen Energiekonzept Bempflingen

Technik, siehe hier